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Disruptives Brainstorming 2.0

Wenn KI den Innovationsfunken zündet
19. April 2025 durch
Disruptives Brainstorming 2.0
Martin Lummertzheim

Die Welt dreht sich immer schneller. Wer stehen bleibt, verliert den Anschluss. Unternehmen sind ständig auf der Jagd nach dem nächsten großen Wurf, den disruptiven Ideen, die Märkte umpflügen und Wettbewerber alt aussehen lassen. Doch oft genug fühlen sich traditionelle Brainstorming-Runden an wie festgefahrene Gespräche, in denen alte Denkmuster und interne Hierarchien die Kreativität ausbremsen.

Stellen Sie sich vor, es gäbe einen Weg, diese Mauern aufzubrechen. Genau hier kommt ein spannender Ansatz ins Spiel: Disruptives Brainstorming in Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz (KI). Diese innovative Methode krempelt die Ideengenerierung um, indem sie die unkonventionelle, oft überraschende Denkweise der KI nutzt, um unsere Vorstellungskraft zu beflügeln.

Was genau ist disruptives Brainstorming?

Disruptives Brainstorming ist mehr als nur ein bisschen anders brainstormen. Es ist eine bewusste Technik, um festgefahrene Gleise zu verlassen und wirklich neuartige, manchmal radikale Ideen zu entwickeln. Während es beim klassischen Brainstorming oft darum geht, eine möglichst große Menge an Ideen zu sammeln, zielt der disruptive Ansatz darauf ab, unsere üblichen Denkweisen zu erschüttern und unerwartete Lösungen zu finden. Das ist besonders wertvoll, wenn wir neue Blickwinkel auf knifflige Probleme suchen, innovative Produkte aus der Taufe heben oder in scheinbar gesättigten Märkten frische Chancen entdecken wollen. Es geht darum, das Naheliegende hinter sich zu lassen und mutige, unkonventionelle Wege zu gehen.

Die Entwicklung des Brainstormings

Die Wurzeln des Brainstormings reichen bis in die 40er Jahre zurück, als der Werbefachmann Alex F. Osborn erkannte, dass Besprechungen oft durch dominante Persönlichkeiten und vorschnelle Kritik erstickt wurden. Seine Idee war, eine offene, wertfreie Atmosphäre zu schaffen, in der die Quantität der Ideen Vorrang hatte – in der Hoffnung, dass sich unter vielen Vorschlägen die besten finden würden. Doch mit der Zeit zeigte sich: Gruppenzwang, Hemmungen oder das Festhalten an bekannten Pfaden konnten die Innovationskraft schmälern.

Disruptives Brainstorming entwickelte sich als Antwort auf diese Grenzen. Innovationsforscher und Kreativitätsexperten erkannten, dass echte Durchbrüche oft erst dann passieren, wenn wir uns bewusst aus unserer Komfortzone bewegen. Inspiriert von Konzepten wie Edward de Bonos „Lateral Thinking“ oder dem Design Thinking, betont der disruptive Ansatz die Bedeutung von Provokation, Perspektivwechseln und dem gezielten Einbringen von „Störfaktoren“. Mit dem Aufkommen der KI hat diese Methode eine neue Dimension erreicht, denn Maschinen können menschliche Denkblockaden umgehen und völlig unerwartete Impulse liefern.

Im Werkzeugkasten des disruptiven Brainstormings finden sich verschiedene Techniken, darunter:

  • Mind Mapping: Ideen und ihre Verbindungen visuell darstellen, um neue Assoziationen zu entdecken.
  • SCAMPER: Bestehende Ideen systematisch hinterfragen (Substitute, Combine, Adapt, Modify, Put to another use, Eliminate, Reverse).
  • Zufallswörter: Ungewöhnliche Verbindungen durch zufällige Begriffe herstellen.
  • Provokative Fragen: Absurde oder extreme Fragen nutzen, um festgefahrene Gedanken aufzubrechen.

KI als vielseitiger Partner: Sieben Rollen für bahnbrechende Ideen

Betrachten wir KI nicht nur als ein Tool, sondern als ein flexibles Teammitglied, das in verschiedene Rollen schlüpfen kann, um unseren Brainstorming-Prozess auf ein neues Level zu heben:

  • Der Querdenker-Generator: KI kann uns mit disruptiven Impulsen überraschen, die menschliche Vorstellungskraft oft übersteigen. Sie kann

    • unerwartete technologische Sprünge simulieren („Was, wenn Telepathie zum Alltag gehört?“)
    • extreme Ressourcenknappheit antizipieren („Wie lösen wir das Problem mit nur 10% der Rohstoffe?“)
    • völlig neue Regeln entwerfen („Stellen Sie sich vor, jegliche Datenspeicherung Dritter ist illegal.“)
    • absurd-inspirierende Szenarien kreieren („Was, wenn unsere Kunden plötzlich Pflanzen sind?“)
    • Auch gegenläufige Trends kann sie aufzeigen („Während alle auf Individualisierung setzen, wäre radikale Standardisierung der nächste Hit?“).
  • Der Perspektiven-Wechsler: KI kann ein Problem aus völlig neuen Blickwinkeln beleuchten:

    • dem des extrem anspruchsvollen Kunden von morgen („Was wären die unverschämtesten Erwartungen im Jahr 2035?“)
    • des besorgten Umweltschützers („Welche Lösung wäre maximal nachhaltig?“)
    • des misstrauischen Konkurrenten („Wie könnten Rivalen unsere Idee sofort sabotieren?“)
    • einer oft übersehenen Randgruppe („Wie sähe eine Lösung speziell für deren Bedürfnisse aus?“)
    • aus der Sicht der Technologie selbst („Wenn unsere Lösung eine KI wäre, wie würde sie das Problem angehen?“).
  • Der Ideen-Architekt unter Druck: Wenn Einschränkungen ins Spiel kommen, kann KI eigenständig Ideen entwickeln, die diese berücksichtigen. Sie kann

    • bestehende Ansätze neu interpretieren („Wie gestalten wir unser Produkt für ein Blockchain-Ökosystem um?“)
    • völlig neue Lösungen finden („Wie bieten wir bei Energieknappheit ein Produkt ohne Energieverbrauch an?“)
    • technologiegetriebene Innovationen vorschlagen („Welche neuen Dienste wären mit Quantencomputern denkbar?“)
  • Der analytische Bewerter: KI kann die generierten Ideen objektiv bewerten und filtern, indem sie analysiert, wie gut sie zu den Disruptoren passen, welche Risiken und Chancen bestehen und ob es wiederkehrende Muster oder innovative Kombinationen gibt.
  • Der kreative Brückenbauer: KI kann scheinbar unvereinbare Ideen zusammenführen, indem sie

    • Analogien findet („Welche Naturphänomene könnten uns inspirieren?“)
    • bestehende Konzepte hybridisiert („Was entsteht aus der Kombination unserer erfolgreichsten Produkte?“)
    • unerwartete Technologiekombinationen vorschlägt („Könnten Nano- und Neurotechnologie eine neue Anwendung finden?“).
      Der kritische Hinterfrager: Um Schwachstellen aufzudecken, kann KI die Rolle des Advocatus Diaboli einnehmen und Annahmen hinterfragen („Welche unserer Annahmen könnten falsch sein?“)
    • Worst-Case-Szenarien entwerfen („Was wäre das schlimmste, das passieren könnte?“)
    • alternative, einfachere Lösungen vorschlagen („Gibt es einen direkteren Weg?“)
  • Der Struktur-Optimierer: KI kann den Ablauf des Brainstormings effizienter gestalten, indem sie Zeitpläne überwacht, Ergebnisse dokumentiert, die Auswahl der Disruptoren optimiert und die Beteiligung aller fördert.

So könnte ein disruptiver Brainstorming-Prozess mit KI aussehen:

Phase 1: Vorbereitung – Das Fundament legen (Mensch)

 

Das Problem scharf definieren: Das Team formuliert die Kernfrage oder Herausforderung.

Ziele und Erwartungen klären: Welche Art von Ideen erhoffen wir uns?

Das passende KI-Tool auswählen: Eine Plattform, die unsere Bedürfnisse optimal unterstützt.

Ein vielfältiges Team zusammenstellen: Unterschiedliche Perspektiven sind Gold wert.


Phase 2: Der erste Funke – Initiales Brainstorming (Mensch & KI)

Optional: Klassischer Start: Eine kurze Runde traditionelles Brainstorming, mit KI als unterstützender Wissensquelle.

Der „Warm-up“-Disruptor: Die KI präsentiert einen ersten, allgemeinen Impuls, um die Denkweise zu öffnen.

 

Phase 3: Im Feuer der Disruption – Ideen unter neuen Vorzeichen (Mensch & KI)

Die Disruptoren-Wahl: Die KI schlägt verschiedene Störfaktoren vor, das Team wählt oder lässt sich überraschen.

Gemeinsam neue Wege gehen: Mensch und KI entwickeln Ideen unter Berücksichtigung des aktuellen Disruptors.

Mehrere Runden: Dieser Schritt wird mit verschiedenen Disruptoren wiederholt, um immer wieder neue Perspektiven zu erzwingen.


Phase 4: Bewertung und Auswahl – Die Spreu vom Weizen trennen (Mensch & KI)

KI-gestützte Analyse: Die KI bewertet die Ideen nach Originalität, Machbarkeit und Potenzial.

Die menschliche Perspektive: Das Team diskutiert und wählt die vielversprechendsten Ideen aus.

Der kritische Blick der KI: Die Top-Ideen werden von der KI auf Schwachstellen geprüft.


Phase 5: Von der Idee zur Realität – Weiterentwicklung und Umsetzung (Mensch)

Detaillierung: Die ausgewählten Ideen werden konkretisiert und ausgearbeitet.

Testphase: Prototypen werden entwickelt und auf ihre Machbarkeit geprüft.

Implementierung: Die disruptiven Innovationen werden umgesetzt und in den Markt gebracht.

Resümee

Disruptives Brainstorming mit KI ist mehr als nur ein kurzfristiger Trend. Es ist eine grundlegende Weiterentwicklung, die uns hilft, über den Tellerrand hinauszuschauen und wirklich bahnbrechende Ideen zu entwickeln. Indem wir die einzigartigen Fähigkeiten der KI nutzen, um unsere Denkweise herauszufordern und unkonventionelle Lösungen zu finden, können wir unser kreatives Potenzial voll entfalten. Die Zukunft der Innovation liegt in dieser spannenden Zusammenarbeit – einer dynamischen Partnerschaft zwischen menschlicher Intuition und künstlicher Intelligenz. Es ist an der Zeit, diese neue Ära einzuläuten und gemeinsam die Innovationslandschaft neu zu gestalten.

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